Männer kommen nicht vom Mars und Frauen nicht von der Venus. Aber aus welchem abgelegenen Teil der Galaxis kommen Computer-Programm-Benutzer? Vielleicht kommen die gar nicht aus diesem Universum, sondern aus einem, dessen Realität sich mir nicht offenbart. Wie ich zu so wirren Gedanken komme? Ich arbeite auch in einer Kopfstelle für den Datenaustausch. Dort lese ich gelegentlich das, was ausgetauscht wird. Fachlich geht mich das nichts an und interessiert mich auch nicht, aber wenn ein Fehler auftritt, dann scheint nur ein Programmierer in der Lage zu sein, eine passende Diagnose zu stellen. So auch am x. Februar d.J.
Irgendwann im Laufe meines Arbeitslebens war ich mächtig genervt von all den unterschiedlichen Datenformaten. Ständig musste ich in dicken Büchern oder langen Textdateien forschen, was die Bedeutung dieses oder jenes Bits im Format XYZ war. Mein lieber Babbage! Geht das nicht einfacher?! Dann hat mir jemand von xml erzählt, und mir war klar, dass es eine tolle Sache ist – die Antwort auf meine Frage. Eine Antwort grundsätzlicher Art. Das mag ich. Zugegeben, Binärformate sind effizienter hinsichtlich Speicherplatz. Aber ich bin Programmierer, also faul und xml kommt dem entgegen. Ich liebe xml.
Zurück zum x. Februar. Ich musste ein Austausch-Dokument studieren, um einem Fehler auf die Schliche zu kommen. Im folgenden zeige ich Ausschnitte daraus. Der Fehler ist nicht enthalten, denn um den geht es hier nicht. Ich habe etliche Werte und XML-Tags des Datenschutzes wegen unkenntlich gemacht, aber die zugrunde liegenden Mechanismen sind immer noch erkennbar.
Namen haben lohnt sich nicht, mein Dearling:
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<Person> <Name>XXX</Name> <Vorname>Familie</Vorname> </Person> |
Hä?!? Der Vorname ist “Familie”? Das ist Quatsch. Ich weiss, was der User mir sagen will, aber technisch ist das igitt.
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<weiterePerson geschlecht="w" name="[EchterNachname], [EchterVorname]" vorname="(Pflegemutter)"> <Adresse LKZ="D" strasse="Adr. wie Kind"/> </weiterePerson> |
Verdammt, ich dachte, der Vorname sei “Familie”. Und der Postbote lacht sich scheckig, wenn er einen so adressierten Brief in die Finger bekommt. Ernsthaft: Es gibt eine zugehörende Eingabemaske. Diese Maske und der Übertragungsprozess sind fehlerfrei. Wenn man in der Maske “Maria” als Vorname einträgt, dann erscheint das auch genau so in der XML-Datei. Hier hat jemand absichtlich einen Nicht-Vornamen eingegeben.
Weitere Versuche, der Sache nachzugehen, führen mich zum Sachbearbeiter – der muss es doch wissen!
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<Sachbearbeiter> <Name>Frau Abcde</Name> <Telefon>02jik xxx-xxx<Telefon> <Email>Abcde@beispiel.de<Email> </Sachbearbeiter> |
Anruf bei Frau Abcde, Frage nach dem Stand der Dinge. Sie ist nicht zuständig. Sie steht da nur drin, weil sie am wenigsten Email bekommt. Wie bitte?!? Der Sachbearbeiter ist gar nicht der Sachbearbeiter, sondern der Papierkorb?!
…
Usereingaben ist zu misstrauen. Wir haben Validierungsmechanismen – kodifiziertes Mißtrauen. Die Validierung hat aber Grenzen, beispielsweise kann man kaum Regeln dafür angeben, was ein gültiger Vorname ist. Ich habe von einem Norddeutschen gehört, der “Uke” heisst und bei vielen offiziellen Stellen als “Uwe” verzeichnet ist, weil “Uke” kein gültiger Vorname sei – das führt dann zu Verwechslungen mit seinem Sohn, denn der heißt … Uwe. Für eine gültige Email-Adresse und Telefonnummer kann man wenigstens eine Form finden. Ob diese Form mit plausiblem Inhalt gefüllt ist, kann maschinell nicht ohne weiteres entschieden werden. Ich kann versuchen, die eingegebene Telefonnummer anzurufen, um sie zu validieren – wenn es klingelt, dann auflegen und wenn es nicht klingelt … Dito für die Email-Adresse. Aber will man das?
Kommt ‘drauf an, wer “man” ist. Ein perfektionistischer Datensammler will. Viele andere nicht . Ich finde es beruhigend ab und an die Möglichkeit zu haben, Mumpitz einzugeben. Und ich kann es auch anders herum sehen: Als das obige Datenschema entworfen wurde – von Fachleuten und Technikern – blieben einige Sachverhalte unbeachtet. Aus welchem Teil der Galaxie kamen die Fachleute und Techniker? Von dort, wo man meint, alles zu wissen und messen zu können? Von dort, wo User keine Rolle spielen? Oder von dort, wo man auch mal fünf gerade sein lassen kann? Es wurden Fakten geschaffen, auf beiden Seiten des Eingabeformulars. In diesem Sinne immer wieder einen Besuch wert ist http://thedailywtf.com/