Ich arbeite jeden Tag mit einigen Editor-Programmen: Das Email-Programm hat einen, die Entwicklungsumgebung hat einen, SQuirreL hat einen und das Betriebssystem hat einen.
Die Programme verhalten sich jeweils leicht unterschiedlich. Das nervt. Wie einfach das Leben doch wäre, wenn ich meinen Lieblingseditor auch für Email und Programm-Entwicklung und SQuirreL benutzten könnte!
Wie muss ein Programm sein, damit es ohne “eigenen” Editor auskommt, obwohl es dringend einen braucht? Das Programm muss nach aussen tragen, dass es ein Editorbenutzer ist. Und wie findet es ein anderes passendes Programm – einen Editor? Indem erstens der Editor nach aussen trägt, dass er alles bietet, was ein Editorbenutzer braucht. Topf und Deckel. Zweitens braucht es einen Kuppler, damit die beiden zueinander finden. Der Kuppler hört das Klagen des Email-Programms “Bitte, bitte, gib mir einen Editor” und fragt in die Runde, ob denn ein Editor anwesend sei. Sofort melden sich write, notepad, edit und notepad++. notepad++ trumpft auf “Der Anwender hat mich zum Lieblingseditor gemacht!”. “Na”, seufzt der Kuppler, “dann viel Spass” und steckt die beiden unter eine Decke.
Was sind die Kerngedanke dieser Mehrfachnutzung? Einfachheit, Konfigurierbarkeit und Interoperabilität. Anders gesagt: Erledige genau eine Aufgabe, erledige sie gut und verberge deine Komplexität hinter einer stabilen, leicht zu nutzenden Schnittstelle.
Das läßt sich weiterspinnen. Anstatt die Entwicklungsumgebung und den Taschenrechner als Programme geöffnet zu haben, läßt sich der Taschenrechner integrieren. Es gibt nur noch eine Rechtschreibprüfung – man muss nur eine bezahlen – warum kann ich die aus Word nicht in meinem Editor nutzen? Meine Entwicklungsumgebung redet mit der Zeiterfassung, und meine Telefonsoftware redet mit der Zeiterfassung und das Trouble-Ticket-System redet mit der Zeiterfassung, dann muss ich nicht immer ‘rumklicken – die Maschine möge mir die nervtötende Routinearbeit abnehmen. Und ich bin sicher nicht der einizige, dem Ideen dazu kommen, wie unterschiedliche Programme nützlich kombiniert werden können.
Das technisch zu realisieren kann doch nicht so schwer sein! Ist es auch nicht, denn sonst wäre dies hier kein Groschengedanke. Man spricht von SOA, CORBA, COM/DCOM, OLE usw. Es gibt Ansätze, die in die richtige Richtung gehen: Ich kann in meinem Betriessystem einstellen, welches der Standard-Email-Client ist. Ein Klick auf einen Mail-To-link, egal wo, sollte dann diesen Client starten. Das tut es leider nicht aus dem Texteditor heraus. Ausserdem bauen Software-Hersteller oft Brücken zu anderen speziellen Programmen ein, so dass ich beispielsweise die Wahl zwischen drei Editoren treffen kann. Aber das sind genauso oft die Editoren, die ich nicht mag, und weil die Schnittstelle nicht generisch ist, stehe ich traurig da. Ich wünsche mir, dass die Möglichkeiten der Mehrfachnutzung sich in meiner Desktop-Umgebung wiederfinden.